Mein Körper gehört mir

Beschreibung

Entwicklung

Das theaterpädagogische Programm gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Buben „Mein Körper gehört mir” wurde 1994 von Anna Pallas und Reinhard Gesse von der theaterpädagogischen werkstatt gGmbH in Osnabrück in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderschutzbund, der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (AJS), der Niedersächsischen Polizei und weiteren Organisationen entwickelt.
Seit 2001 wird „Mein Körper gehört mir“ auch in Österreichischen Volksschulen sehr erfolgreich angeboten.

Eltern/Pädagog:innenabend

  • Einführung in das Thema „Sexueller Missbrauch”
  • Aufführung der drei Teile des Theaterstückes „Mein Körper gehört mir”
  • Präventionsmöglichkeiten in Schule, Erziehung und Familie
  • Vorstellung von Literatur
  • Diskussion
  • Verteilung der Broschüre „Gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Buben – ein Ratgeber für Mütter, Väter, LehrerInnen und Interessierte”
  • Dauer ca. 2 bis 2 1/2 Stunden

Das Programm beginnt grundsätzlich mit dem Eltern- bzw. Pädadog:innenabend. An diesem Abend werden den Eltern bzw. Pädagog:innen die drei Teile des Programms „Mein Körper gehört mir” vorgeführt. Dies ist deshalb notwendig, um den Eltern – für die Erziehung – und LehrerInnen – für den Unterricht – die umfassende Thematik des sexuellen Missbrauchs näher zu bringen, ihnen zu zeigen, wie kindgerecht dieses Stück aufgebaut ist, sie aufmerksam zu machen, wie wichtig eine präventive (gewaltfreie) Erziehung für die Sicherheit und die Gesundheit ihrer Kinder ist. Im Anschluss an dieses Stück stehen Fachleute, vorwiegend ein(e) PsychotherapeutIn, PsychologIn für Fragen und Diskussion zur Verfügung. Eine Broschüre wird gratis verteilt.

Unsere Botschaften an die Pädagog:innen, Eltern und Kinder sind u.a.: Was sind Ja- und Nein-Gefühle und wie fühlen sich solche Gefühle an; wenn ich ein Nein-Gefühl habe, was kann ich tun; was bedeutet sexueller Missbrauch; wie verhalte ich mich bei einem Exhibitionisten; was bedeutet Chatten und welche Gefahren ergeben sich daraus; wie können mir die drei Fragen beim Einschätzen von unklaren Situationen helfen, was sind gute und schlechte Geheimnisse und warum ist das kein „Petzen“, wenn ich schlechte Geheimnisse Erwachsenen anvertraue.

3 Wochen / eigener Raum / eine Schulstunde

Die drei Teile des interaktiven Programms „Mein Körper gehört mir” werden den Kindern der 3. und 4. Klasse Volksschule im Abstand von jeweils einer Woche „gezeigt” und zwar für jede Klasse getrennt. Dazu muss ein eigener Raum zur Verfügung stehen, beispielsweise ein Medien- oder Werkraum, eine Bibliothek, ein Turnraum/Turnsaal, eine leere Klasse, etc. Im Sinne einer hohen Qualität zu der wir uns bekennen, ist das erforderlich, um den Kindern das Verlassen dieses Raumes, in dem nach der Aufführung viele Emotionen „schwingen“, zu ermöglichen. Jeder Teil dieses Programms dauert je nach Größe der Klasse bzw. je nach Interaktion, also Mitarbeit der Kinder, bis zu einer Schulstunde. Für dieses mobile Programm sind keine technischen Voraussetzungen notwendig. Das Spielerpaar bringt seine Utensilien selbst mit. Der Aufbau der Bühne dauert etwa 15 Minuten.

Interaktion

Das Spielerpaar, immer Frau und Mann, zeigt Alltagssituationen, die es dann mit den Kindern bespricht. Kinder lernen durch dieses theaterpädagogische Programm ihren Gefühlen zu vertrauen und sich selbst zu schützen.

Das Besondere an „Mein Körper gehört mir“, aber auch unseren anderen theaterpädagogischen Programmen, ist, dass wir verschiedene lebensnahe Probleme kurz in Form einer Szene darstellen und dann gemeinsam mit den Kindern Lösungen erarbeiten; und dafür nehmen wir uns die erforderliche Zeit.

Das Programm hilft den Kindern zu verstehen,

  • dass sie zwischen Ja-Gefühlen und Nein-Gefühlen unterscheiden können
  • dass sie ihren eigenen Gefühlen vertrauen sollen
  • dass ihr Körper ihnen allein gehört
  • dass sie selbst zu Ihrer eigenen Sicherheit beitragen können
  • dass es feste Regeln dafür gibt, sich auch in unsicheren Situationen zu schützen

Theaterprogramm Teil 1

Kurzbeschreibung
Warming up (mit den Kindern ins Gespräch kommen).
Lied (1. Strophe)
Überleitung Berührungsgesten (Ja-Gefühl / Nein-Gefühl)

Szene 1: Haare kämmen (Ja-Gefühl / Nein-Gefühl)
Szene 2: Spiel im Bus – ein fremder Jugendlicher legt einem Mädchen die Hand auf die Schulter
Szene 3: Nachbar gibt Tennistipps und greift dem Buben dabei auf den Po. Abschluss: Lied

Kinder der 3. und 4. Klasse Volksschule lernen Grundfertigkeiten, um ihr Selbstvertrauen zu stärken und Situationen besser einschätzen zu können. Sie lernen ihren Körper als etwas Wertvolles zu betrachten. Das Begriffspaar „Ja-Gefühl” und „Nein-Gefühl” wird eingeführt und gefestigt.

Kurzbeschreibung
Bei diesem Teil lernen die Kinder „Nein” zu sagen. Es hilft den Kindern, das nötige Selbstvertrauen zu erlangen und in unterschiedlichen Situationen „Nein” zu sagen. Wenn Kinder sexuell missbraucht worden sind und sich schämen, trauen sie sich oft nicht, mit einem Erwachsenen zu reden. Wir müssen ihnen die Sicherheit geben, dass wir ihnen glauben. Dadurch kann ein großer Teil der Probleme schon gelöst werden. Am Ende des ersten Teiles haben die Kinder gelernt, ihre Gefühle zu erkennen und mitzuteilen. Eltern und Lehrer müssen die Kinder darin unterstützen, das Gelernte anzuwenden.

Wir vermitteln den Kindern die ausdrückliche Erlaubnis, auch über „schlechte Geheimnisse“ zu sprechen; und dass das kein „Petzen“ ist! Das ist gerade bei missbrauchten Kindern wichtig, weil Täter das Kind einschüchtern und für den Fall „dass es mit anderen Menschen darüber redet“ die fürchterlichsten Geschehnisse androht!

Theaterprogramm Teil 2

Kurzbeschreibung
Besprechung des 1. Teiles (mit den Kindern ins Gespräch kommen).
Lied (2. Strophe)

Szene 1: Mädchen trifft mit Ball ein Auto eines Mannes, der sich dann als Exhibitionist zeigt (Schuldfrage, kindgerechte Erklärung des sexuellen Missbrauchs)
Szene 2: Mädchen hat in einem Chatroom einen Buben – so glaubt es zumindest – kennengelernt und trifft sich allein im Park mit ihm (es stellt sich heraus, dass der Bub ein Mann ist) und gerät so durch diesen Mann in Gefahr (Schuldfrage, die drei Fragen)
Szene 3: Der neue Nachbar (Wiederholung der drei Fragen)
Abschluss: Lied

Die SchauspielerInnen der Theatergruppe spielen – wie auch in Teil 1 – alltägliche Situationen, in denen Kinder entdecken, was unter sexueller Misshandlung durch Fremde zu verstehen ist.

Kurzbeschreibung
Der zweite Teil des Programmes konzentriert sich auf Begegnungen mit Fremden. Die Bedeutung von sexuellem Missbrauch wird in Begriffen dargestellt, die die Kinder verstehen können. Sie lernen, die drei Fragen, die sie sich selbst stellen können, wenn sie auf Fremde treffen:

  • Habe ich ein Ja- oder ein Nein-Gefühl?
  • Wenn ich tue, was die fremde Person will, weiß eine vertraute Person, wo ich bin?
  • Kann ich sicher sein, dass ich Hilfe bekomme, wenn ich welche brauche?

Diese Fragen sind deshalb so wichtig, weil sie den Kindern die Möglichkeit geben, unklare Situationen besser einzuschätzen. Nach dem zweiten Teil des Programms verstehen die Kinder den Begriff „sexueller Missbrauch” und können diesen Begriff von anderen falschen Meinungen abgrenzen. Das ist deshalb sehr wichtig, weil der Begriff „Missbrauch“ oder „sexueller Missbrauch“ beinahe täglich in den Medien aufscheint, den Kindern dieser Begriff aber nicht erklärt wird, sodass sie damit auch Verbrechen wie Mord, Entführung usw. verbinden.

Theaterprogramm Teil 3

Kurzbeschreibung
Besprechung des 2. Teiles (vor allem die Schuldfrage wird nochmals besprochen).
Lied (3. Strophe)

Beginn: Beide Spieler spielen zwei missbrauchte Kinder, die von ihren Problemen erzählen.

Monolog – Kurzbeschreibung der Probleme eines Buben der sexuell missbraucht wird.
Szene 1: Kind erzählt der Mutter den Missbrauch – doch die hört nicht zu und hält die Erzählung für eine Einbildung.
Szene 2: Kind erzählt dem Trainer davon, dass der Bruder es nicht in Ruh lässt – der gibt dem Kind nur den Rat, sich auf Fußball zu konzentrieren und dann würde alles wieder gut.
Szene 3: Kind erzählt der Lehrerin den Missbrauch – die hört zu und hilft insofern, als sie dem Kind glaubt und vorschlägt gemeinsam mit Fachleuten darüber zu sprechen.
Abschluss: Lied – alle drei Strophen

Dieser Teil handelt von Missbrauch durch Familienmitglieder oder durch andere vertraute Personen. Ein sexuell misshandeltes Kind muss durchschnittlich neunmal um Hilfe bitten, bis es jemanden gefunden hat, der ihm glaubt und auch hilft. Den SchülerInnen wird erklärt, wie wichtig es ist, weiterhin nach Hilfe zu suchen.

Kurzbeschreibung
Der dritte Teil hat eine noch größere Ernsthaftigkeit und Problemsteigerung, doch die Annäherung an die Kinder bleibt positiv und beruhigend. Ein Kind wird oft bedroht und unter Druck gesetzt, wenn es sexuell missbraucht wird. Alle Verantwortung wird auf das Kind geschoben. Weil es die Familie selbst betrifft, wird dem Kind fast nie geglaubt. Es dauert sehr lange, bis ein Kind sich traut zu reden und bis es Hilfe von einem Erwachsenen bekommt. Am Ende des Programms haben die Kinder gelernt, dass sie das Recht haben, über ihren Körper zu bestimmen, Nein zu sagen und erfahren, wie sie Hilfe suchen können.

Abschluss

Den Kindern wird die Nummer von Rat auf Draht „147“ erklärt und auch mit ihnen darüber diskutiert, mit welchen Problemen sie dort anrufen können. Wenn technisch und organisatorisch möglich, wird auch unter der kostenlosen Rat auf Draht Telefonnummer 147 angerufen, um den Kindern die Scheu zu nehmen anzurufen.